80 Jahre Kinderbetreuung feiern Tietelsen und Rothe | OWZ zum Sonntag

Veröffentlicht am 12.06.2025 12:08

80 Jahre Kinderbetreuung feiern Tietelsen und Rothe

Schwester Adelgundis und Annegret Becker mit den Kindern des Kindergartens.  (Foto: privat)
Schwester Adelgundis und Annegret Becker mit den Kindern des Kindergartens. (Foto: privat)
Schwester Adelgundis und Annegret Becker mit den Kindern des Kindergartens. (Foto: privat)

In den Wirren der letzten Kriegstage richteten in Essen ausgebombte, geflüchtete Franziskusschwestern in Tietelsen den Blick nach vorn: Im Mai 1945 gründeten die Ordensschwestern in dem kleinen Beverunger Örtchen den ersten Kindergarten, damals noch provisorisch im Pastorat. Genau 80 Jahre ist das her. Dieser „Geburtstag“ wird am 15. Juni im Höhendorf kräftig gefeiert. Heute heißt die Einrichtung: Katholische Kindertagesstätte St. Marien. 23 Kinder werden dort aktuell betreut.

Im Gründungsjahr:

Doch zurück ins Jahr 1945: Die Nonnen waren wenige Monate zuvor aus Essen gekommen. Anfang 1945 fanden sie Zuflucht in Tietelsen, nachdem sie bei den heftigen Angriffen auf das Ruhrgebiet ausgebombt worden waren. Und sie fanden neue Aufgaben. Schwester Aldegundis (Klumpjan) ging es darum, den Familien in der schwierigen Nachkriegszeit zur Seite zu stehen. 33 Jahre lang führte sie den kleinen Kindergarten für Tietelsen und Rothe. Unter ihrer Regie entstand zwischen 1950 und 1952 ein kompletter Neubau samt Wohnung für die Ordensfrauen im Obergeschoss. „Alle Haushalte gaben damals einen Zuschuss, eine bestimmte Summe pro Morgen Land. Und es wurde viel Eigenleistung erbracht, zum Beispiel beim Ausschachten der Baugrube“, hat die heutige Kita-Leiterin Petra Dierkes-Vössing in der Chronik nachgelesen. Insgesamt 11.000 Mark an Spenden wurden gesammelt.

Schwester Adelgundis ging es um die Unterstützung der Familien durch Kinderbetreuung. 33 Jahre führte sie den Kindergarten. Die Schwestern selber waren in der ersten Zeit auf Lebensmittelspenden der Dorfgemeinschaft angewiesen.  (Foto: Barbara Siebrecht)
Schwester Adelgundis ging es um die Unterstützung der Familien durch Kinderbetreuung. 33 Jahre führte sie den Kindergarten. Die Schwestern selber waren in der ersten Zeit auf Lebensmittelspenden der Dorfgemeinschaft angewiesen. (Foto: Barbara Siebrecht)
Schwester Adelgundis ging es um die Unterstützung der Familien durch Kinderbetreuung. 33 Jahre führte sie den Kindergarten. Die Schwestern selber waren in der ersten Zeit auf Lebensmittelspenden der Dorfgemeinschaft angewiesen. (Foto: Barbara Siebrecht)

Die Schwestern gründeten zudem eine ambulante Kranken- und Familienpflegestation für die medizinische Versorgung der Ortsbewohner. Eine gewisse Berühmtheit erlangte Schwester Cordula (Konersmann), die von 1947 bis 1961 meist mit einem Moped in den beiden Dörfern unterwegs war, ebenso in Erinnerung blieb ihre Nachfolgerin Schwester Dolorosa (Berghoff). Eine dritte Nonne fungierte als Küsterin und Pfarrhelferin. Die Franziskusschwestern wurden von den Ortsbewohnern anfangs weitgehend unterhalten, berichtet Ortsheimatpfleger Norbert Schröder. „Wenn irgendwo geschlachtet wurde, bekamen auch die Schwestern Wurst.“

Der Neubau der Kita im Jahr 1952 (Foto: privat)
Der Neubau der Kita im Jahr 1952 (Foto: privat)
Der Neubau der Kita im Jahr 1952 (Foto: privat)

Das Gebäude

Das 1952 nach der Bartholomäus Prozession eingeweihte Kindergarten-Gebäude beheimatet noch heute die Kindertagesstätte. Anfang der 1960 er Jahre gab es einen Anbau, ein zweiter Gruppenraum entstand. Seit 1970 wurden in Tietelsen neben den Kindern aus dem Nachbarort Rothe zusätzlich auch Kinder aus Drenke und Auenhausen aufgenommen. 1977 zogen sich die Ordensfrauen krankheits- und altersbedingt zurück, die Kita blieb aber mit neuem Personal. In den 80er Jahren gab es in den Dörfern sogar zwischenzeitlich so viel Nachwuchs, dass eine zweite Gruppe aufgemacht werden musste. 1998 wurde die Kita wieder einzügig. Seit 2010 ist sie in Trägerschaft der Katholischen Kindertageseinrichtungen Hochstift.
„Unsere Einrichtung zeichnet sich durch eine gemütliche und familiäre Atmosphäre aus. Neben der religionspädagogischen Arbeit hat das Freispiel bei uns einen hohen Stellenwert“, sagt Petra Dierkes-Vössing, die selbst 30 Jahre in der Tietelsener Kita überblickt: „Es hat sich pädagogisch im Laufe der Zeit enorm viel getan“. Viele Neuerungen hat sie erlebt: Kinder, die in der Kita ihren Mittagsschlaf halten. Kinder, die noch gewickelt werden müssen. „Heute wird partizipativ gearbeitet, das heißt, dass die Kinder viele Entscheidungen mittreffen können.“

Das Jubiläumsfest

Die Kinder, ihre Eltern und das Team der Kita freuen sich auf viele Gäste am Sonntag, 15. Juni. Von 14 bis 18 Uhr gibt es auf dem Spielplatz eine Hüpfburg, Kinderschminken, eine Tombola, eine Tanzeinlage der Cheerleader und spannende Experimente im Forschermobil des Kreises Höxter, aber natürlich auch Kaffee, Kuchen, Würstchen und Getränke. „Wir werden auch ehemalige Leitungen der Kita einladen und sammeln bereits alte Fotos, die wir zum Jubiläum auch ausstellen wollen“, kündigt Petra Dierkes-Vössing an. So mancher Besucher und manche Besucherin wird sich und seine Kindergarten-Freunde wohl dabei wiederfinden.

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