Die Weihnachtszeit kann, ihrem beharrlichen Ruf von der Besinnlichkeit zum Trotz, doch auch sehr fordernd sein. Vorbereitung und Planung von Bescherung, Weihnachtsfeier mit Familie und Freunden, manchmal auch zwei Feiern, schließlich sind es zwei Weihnachtstage. Und ist diese fröhliche, aber eben auch hektische Zeit „überstanden“, sieht man bereits Silvester und Neujahr entgegen.
Doch zwischen Weihnacht und Neujahr, da herrscht eine gewisse Atempause. Die Adventskonzerte und Weihnachtsmärkte plätschern allmählich aus dem Veranstaltungskalender, verwandte und bekannte Gesichter hat man nach Weihnachten erst einmal verabschiedet, um sich zum Neujahr wieder zu treffen. Allgemein spricht man von dieser Zeit als „zwischen den Jahren“, auch bekannt als Raunächte.
Manchmal wird dieser Ausdruck allgemein verwendet, für die Tage zwischen den Feiertagen. In der Tat aber bezieht sich die Redewendung auf elf Tage und zwölf Nächte, beginnend mit der Nacht von Heiligabend bis zur Nacht zwischen 5. und 6. Januar, dem Dreikönigstag. Diese Zeit liegt „zwischen den Jahren“, weil zwei Kalendersysteme hier aufeinander treffen: Der Mondkalender zählt 354 Tage fürs Jahr, der Sonnenkalender 365. Elf Tage sind somit aus einem gewissen Blickwinkel „frei“, und seit alters her schrieb man dieser Zeit Besonderheiten zu. So hieß es gern, der Schleier zum Jenseits wäre in den sogenannten Raunächten dünner, und so manches Ritual wurde eingeführt, mit Geistern und Spukgestalten im Hinterkopf.
Der Name der Raunächte kennt verschiedene Herleitungen. Beliebt ist die Wurzelung im mittelhochdeutschen Wort rûch, was haarig und wild bezeichnet, mit Blick auf unheimliche Wesen, welche in wilden Jagden die kalten Winterlande unsicher machen. Dabei neigen diese Gestalten dazu, sich in aufgehängter Wäsche zu verfangen oder mutwillig Löcher hinein zu schneiden. Aus diesem Grunde gehört es zu den Gepflogenheiten, „zwischen den Jahren“ keine Wäsche aufzuhängen. In der Tat drehen sich viele Rituale darum, die alltägliche Arbeit auch mal ruhen zu lassen.
Die Raunächte mögen jedoch auch auf Rauch anspielen und die Praktik, zum neuen Jahr Haus, Hof und Ställe zu beräuchern und damit von negativen Energien und Einflüssen zu reinigen. Besondere Reinigung spricht man dabei Wacholder, Salbei und Myrrhe zu.
Ob man diese und noch viel mehr Bräuche und Rituale nun befolgt oder nicht, ob man sich ihrer überhaupt bewusst ist oder nicht - nach der bunt-festlichen „Besinnlichkeit” der Weihnacht stellt sich von ganz allein eine gewisse Ruhe, ein Innehalten ein. Die Magie, die zwischen den Jahren durch den Schleier wabert, darf sich heute noch genau so entfalten wie vor Jahrhunderten.