Vortrag über die Heinrichsflut vor 60 Jahren | OWZ zum Sonntag

Veröffentlicht am 14.07.2025 13:59

Vortrag über die Heinrichsflut vor 60 Jahren

. (Foto: privat)
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Die nun schon traditionelle Veranstaltungsreihe „Kultur im Dreiländereck” der Heimatvereine Bad Karlshafen, Helmarshausen und Trendelburg wird mit einem Vortrag am Donnerstag, 17. Juli, um 19 Uhr im Landgrafensaal des Rathauses in Bad Karlshafen und weitgehend unbekannten Fotos der „Heinrichsflut 1965” fortgesetzt.

Das Leben an Flüssen und Bächen ist seit Menschengedenken und weltweit regelmäßig von Hochwasserkatastrophen bedroht. In regelmäßigen Abständen und oft mehrmals jährlich müssen die Bewohner dieser Regionen mit plötzlich auftretenden mehr oder weniger heftigen Überschwemmungen rechnen, die nicht nur wertvolle Güter, Häuser, Felder und Landschaften zerstören, sondern in der Regel auch viele Menschenleben fordern. Das hat sich trotz vielfacher Anstrengungen von Experten und technologischer Fortschritte im Wasserbau bis heute nicht oder kaum geändert, wobei Sturmfluten an den Meeren und niederschlagsbedingte Hochwasser an den Flüssen unterschiedlich betrachtet und bewertet werden müssen.

Das Oderhochwasser von 1997 mit ca. 115 Toten, die Flut an Ahr und Erft am 14. und 15. Juli 2021 mit über 200 Toten sowie das Hochwasser in Valencia im Oktober 2024 mit über 230 Toten sind sicher noch in Erinnerung, während ähnliche Ereignisse aus den vergangenen Jahrhunderten selbst in der näheren Umgebung schnell vergessen sind.

Hochwasserkatastrophen in fernen Länder, wie 1931 in China und 1955 in Indien mit mehreren Millionen Toten sind längst Geschichte und nur wenigen Interessierten bekannt. Ein historisches Ereignis besonderer Tragweite war die berühmte Magdalenenflut, die sich am St. Magdalenentag im Juli 1342 in ganz Mitteleuropa ereignete und bis heute noch immer als die schwerste Hochwasserkatastrophe Europas gilt. Hochwasser wurden nach dem Heiligenkalender benannt.

Aus Chroniken zahlreicher Städte geht hervor, dass dabei mehrere Tausend Menschen ums Leben kamen und fast alle Brücken zerstört wurden. Betroffen waren u.a. die Flüsse Rhein, Main, Donau, Mosel, Elbe, Fulda, Werra, Weser, Lahn und Unstrut. Diese Flut ist in Hann. Münden mit Markierungen der Pegelstände vom 24. Juli 1342 am Packhof und an einem Pfeiler der St. Blasiuskirche dokumentiert.

In Bad Karlshafen sind an verschiedenen Gebäuden u.a. an der Rosen-Apotheke in der Invalidenstraße und an der Malzfeldtschen Mühle in der Weserstraße die Pegelstände der vergangenen 326 Jahre seit der Gründung der Stadt angezeichnet. Einer der höchsten markierten Pegelstände geht auf die „Heinrichsflut” am 17. Juli 1965 zurück. Nach schweren Unwettern am 15. und 16. Juli 1965 stiegen die Pegel der Flüsse in Nordhessen, Südniedersachsen,, Ostwestfalen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen innerhalb weniger Stunden auf Höchststände an, die an Weser und Diemel selbst nach der Zerstörung der Edertalsperre und weiterer 5 Talsperren in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 im Rahmen der „Operation Chastise” der Royal Air Force nicht erreicht wurden. Der Pegel der Diemel an der Mündung zur Weser stieg am 17. Juli 1965 in wenigen Stunden um 5 Meter.

Zu dieser Zeit steckten moderne Informationstechnologien und Erkenntnisse über Methoden von Hydrologie und Meteorologie noch in den Kinderschuhen. Die Bevölkerung wurde mittels analoger Techniken wie Sirenen, Lautsprecherwagen, Fernschreiber, Telefone und/oder Funkgeräte durch Polizei und Feuerwehr informiert, aber oft zu spät oder je nach Ortslage oft auch überhaupt nicht. Fernsehen und Rundfunk sendeten nur wenige Stunden am Tag und viele Familien hatten noch kein Fernsehgerät.

Die Niederschläge erreichten im Weserbergland ca. 200 bis 250 mm in zwei Tagen, wobei kurzzeitige Regenintensitäten von bis zu 4,5 mm pro Minute festgestellt wurden. Die „Heinrichsflut 1965” offenbarte bundesweit ein großes Defizit an Vorkehrungen zum baulichen Hochwasserschutz, an mangelhaften Organisationsstrukturen zum Katastrophenschutz und Krisenmanagement sowie an fehlenden technologischen und wissenschaftlichen Grundlagen zu fundierten Vorhersagen solcher Katastrophen. Die „Heinrichsflut 1965” hatte zur Folge, dass Katastrophenschutz, Hochwasserschutz und das System der Wasserverbände grundständig neu geregelt wurden.

Der Vortrag mit seltenen Fotos vom Juli 1965 wird von Dipl.Geol. Jürgen Bunk gehalten. Jürgen Bunk hat seine Studien der Geologie und der Paläontologie an der Georg-AugustUniversität in Göttingen absolviert und als Diplom-Geologe abgeschlossen. 1983 hat er seine berufliche Tätigkeit in den familieneigenen Sandsteinbrüchen an der Oberweser aufgenommen. Von 1989 bis 2019 war er verantwortlicher Geschäftsführer eines mittelständigen Natursteinwerkes mit Sitz in Beverungen.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kultur im Dreiländereck” der Heimatvereine Bad Karlshafen, Helmarshausen und Trendelburg hat Jürgen Bunk bereits Vorträge über die Geschichte der Schleppschifffahrt auf der Weser und die Geschichte der Sandsteinproduktion im Weserbergland gehalten.

Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei, jedoch wird am Ausgang um eine Spende für die Arbeit der o.g. Heimatvereine gebeten.

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