Aus dem Seniorenrat Holzminden: Pflichtjahr für Senioren – eine weitere Spaltung der Gesellschaft | OWZ zum Sonntag

Veröffentlicht am 29.08.2025 14:49

Aus dem Seniorenrat Holzminden: Pflichtjahr für Senioren – eine weitere Spaltung der Gesellschaft

In verschiedenen Medien wird ein Pflichtjahr für Senioren thematisiert. Die Einrichtung eines Pflichtjahres für Senioren geht zurück auf ein Interview des SPIEGEL* mit dem Soziologen Klaus Hurrelmann (H). Zur Entlastung der jungen Menschen soll ein Pflichtjahr für Senioren eingefordert werden.

Der Wissenschaftler Professor H. gilt als einer der bekanntesten Jugend-Erklärer Deutschlands, meint, dass die heutige junge Generation in besonderer Weise belastet sei (IT, KI, Social-Media-Konsum, Krieg in Europa, Inflation, Zukunftsangst, Wehrpflicht).

H. spricht von einem verpflichtenden Dienstjahr für Senioren am Ende ihres Arbeitslebens und vor Beginn der Rente - im Sinne einer Generationengerechtigkeit.

Aktuell wird H. unterstützt durch den DIW-Chef Marcel Fratzscher:”Wir brauchen eine fairere Verteilung der Lasten”. Er fordert „mehr Solidarität der Alten”.

Bei allem Verständnis für die Problematik der jungen Menschen stehen viele Organisationen dem Zwang einer gesetzlichen Verpflichtung skeptisch, ja ablehnend gegenüber.

Der Landesseniorenrat Niedersachsen e.V. führt hierzu folgendes aus: „Bereits heute leisten viele Senioren einen erheblichen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, sei es durch ehrenamtliches Engagement, familiäre Unterstützung oder berufliche Weiterarbeit über das Rentenalter hinaus”.

Ein Zwang widerspräche dem Prinzip der Selbstbestimmung im Alter.

Die Alten als „Bringschuldner” darzustellen, ist falsch und durch nichts zu rechtfertigen. Die Alten haben ein Arbeitsleben lang ihre Pflicht getan, Steuern bezahlt und die Rente mitfinanziert. Ein Vorwurf ist unberechtigt. Vielmehr sollte das Alter geehrt und Rücksicht im Hinblick auf Krankheit und Beschwerden genommen werden.

Das Pflichtjahr würde eine unnötige Spaltung der Gesellschaft mit sich bringen. Es besteht die Gefahr einer Altersdiskriminierung. Zwang ist völlig unangebracht.

Vielmehr sollten Programme erstellt werden, die ältere Menschen und die jüngere Generation zusammenbringen und durch die das Verständnis und der Respekt zwischen den Altersgruppen gefördert werden kann.

Das Freiwilligenengagement sollte gestärkt werden, um so den gegenseitigen Respekt (Solidarität) zu zeigen. Der Seniorenrat Holzminden schließt sich den Aussagen des Landesseniorenrates umfänglich an. Ein Pflichtjahr - unmittelbar nach Erreichen des Rentenalters - wird als problematisch angesehen.

Im Rahmen einer Umfrage der NDR-Rundfunkanstalt an Mitbürger, sich am Ende ihres Arbeitslebens ggfs. neuen Herausforderungen zu stellen, verlief negativ. Ein Interesse bestand nicht. Sie hatten alle das Ende ihrer (zum Teil auch körperlich schweren) beruflichen Tätigkeit herbeigesehnt.

Das soziale Engagement der Senioren in Holzminden zeigt sich in verschiedenen Mitgliedschaften. So in derJohanniter-Unfall-Hilfe, der Freiwilligen-Feuerwehr, dem Roten Kreuz, dem ZEE (Ehrenamt) und in den vielen Vereinen der Stadt sowie im religiös-kirchlichen Bereich.

Resümee: keine weitere Spaltung der Gesellschaft. Statt Zwang eines Pflichtjahres sollte die gegenseitige Wertschätzung und Unterstützung in vielfältiger Weise zum Ausdruck gebracht werden.



• * Der SPIEGEL Nr. 30 / 18.7.25
• Klaus HURRELMANN: „Produktive Realitätsverarbeitung“, Belltz; 234 Seiten.

north