Eine junge Frau beeindruckte bei der zentralen Gedenkfeier zum Volkstrauertag des Kreises Höxter: Auf dem Ehrenfriedhof am Brakeler Kaiser-Wilhelm-Hain hielt Josefa Reineke aus Nörde eine bewegende und sehr persönliche Gedenkrede. Landrat Michael Stickeln verneigte sich bei der Gedenkveranstaltung, die traditionell vom Kreis Höxter und vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge organisiert wird, am Hochkreuz des Ehrenfriedhofs vor den Opfern von Krieg, Verfolgung und Gewalt.
Josefa Reineke, die Mitglied des Kreis-Vorstandsteams des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) ist, hob die Bedeutung der Erinnerung und des Volkstrauertages für unsere Demokratie aus der Perspektive der jungen Generation hervor. „Gewalt ist kein Phänomen der Vergangenheit. Intoleranz, Verstöße gegen unsere demokratische Lebensordnung, Gewalt und Leid passieren jeden Tag, jede Sekunde. Überall. Wir müssen uns das immer wieder bewusst machen.”
Dabei müsse man nicht einmal bis in die Ukraine gehen, um Unfrieden zu finden. Erst vor zwei Wochen sei in Sachsen wieder ein Flüchtlingsheim angezündet worden, und Geflüchtete würden von Politikern als Sozialtouristen bezeichnet. Durch unseren Lebensstil würden wir uns mitschuldig an Krieg und Flucht machen. „Deswegen haben wir eine Verantwortung, der sich viele Bürgerinnen und Bürger scheinbar nicht bewusst sind”, sagte Reineke und schloss einen eindringlichen Appell an: „Wir müssen mehr tun, um die Gesellschaft, junge, aber auch Menschen aller Altersstufen, sich ihrer Verantwortung bewusst zu machen. Wir müssen Veranstaltungen wie diese attraktiv für junge Menschen machen.”
Dafür bedürfe es keiner fetten Speaker und keiner bunten Lichter vor dem Mahnmal. Die Gedenkrednerin hob in diesem Zusammenhang hervor: „Auch Jugendliche können ernsthaft sein und sind interessiert daran, sich mit Geschichte und Politik zu beschäftigen. Wir müssen sie nur mitbestimmen lassen.” Letzten Ende müsste vor allem die Demokratie gestärkt werden, denn sie sei Grundlage für Frieden. „Das tun wir bei jeder Wahl und das tun wir auch in Vereinen und überall, wo Menschen zusammenkommen und diskutieren. Das ist so wichtig, weil Frieden nicht nur von der Politik gemacht wird, sondern von uns allen.” Junge Menschen müssten dabei mitgenommen werden.
„Ich wünsche mir, dass wir jeden Tag Zivilcourage beweisen und Dinge tun, die unsere demokratischen Werte schützen. Es darf absolut niemand mehr Gewalt auch nur in Erwägung ziehen, um Probleme zu lösen.” In ihrem Fazit hob die Rednerin hervor: „Ich bin sicher, der Volkstrauertag bringt etwas. Denn, wenn wir den Toten gedenken, bedeutet das im Umkehrschluss, dass wir das Leben schätzen. Wenn wir den Opfern von Gewalt und Krieg gedenken, bedeutet das im Umkehrschluss, dass wir den Frieden schätzen.”
Die Nörderin regte abschließend an, im kommenden Jahr jemanden als Redner zu wählen, der oder die selbst Opfer von Krieg geworden sei. Landrat Michael Stickeln versprach, diese Anregung aufzunehmen und betonte: „Mir war es wichtig, in diesem Jahr eine Vertreterin oder einen Vertreter der jungen Generation sprechen zu lassen. Josefa Reineke hat die Bedeutung der Erinnerung und des Volkstrauertages für unsere Demokratie, speziell aus der Perspektive der jungen Generation, eindrucksvoll unterstrichen.”
Begleitet wurde die Veranstaltung vom Ehrenzug der Bundeswehr sowie der Stadtkapelle und dem Spielmannszug Brakel. Musikalischer Gast war Magnus Knipping (18) aus Ottbergen. Der 18-Jährige hatte im September den Kulturpreis des Kreises Höxter erhalten und beeindruckte in seinen Gesangsvorträgen mit „Ombra mai fu” von Georg-Friedrich Händel sowie „Supermarket Flowers” von Ed Sheeran. Neben Brakels Bürgermeister Hermann Temme, Landrat a.D. Friedhelm Spieker, dem heimischen Bundestagsabgeordneten Matthias Goeken nahmen Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen, der Bundeswehr, des Verbandes der Reservisten, des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der Kirche sowie der Vereine der Stadt Brakel teil.