Das Ambulant Unterstützte Wohnen der Harz-Weser-Werke hilft Menschen mit Unterstützungsbedarf in der alltäglichen Lebensführung – um möglichst viel Eigenständigkeit zu erreichen. Doch was heißt das konkret?
Genaueres erklären Anna, Kirsten und Marion aus dem AUW Holzminden. Dieses ist der größte Standort der Ambulanten Dienste bei den Harz-Weser-Werken und begleitet mit zehn Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen etwa 60 Klientinnen und Klienten im gesamten Landkreis Holzminden.
Kirsten, 51 Jahre, und Marion, 62 Jahre, sind zwei dieser Klientinnen. Tagsüber arbeiten sie beide seit vielen Jahren in der HaWeTec, dem Arbeitsangebot der Harz-Weser-Werke für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung in Holzminden. Hier haben sie sich auch kennengelernt und angefreundet. Die gemeinsame Arbeit ist für sie eine sinnvolle Aufgabe, obwohl sie schon eine EU-Rente beziehen. Beide haben eine eigene Wohnung und kommen mit ihrem Alltag in der Regel auch gut alleine klar. Etwa seit 2017 erhalten sie dennoch in der Regel einmal wöchentlich Unterstützung.
Anna ist ihre Bezugspädagogin. Seit etwa sechs Jahren arbeitet die gelernte Heilerziehungspflegerin beim AUW. Einmal pro Woche kommt sie zu Kirsten und Marion nach Hause und holt sie z.B. zu Arztterminen ab, zu denen sie fachliche Begleitung & Assistenz benötigen. „Ich bin immer froh, wenn da jemand dabei ist”, sagt Kirsten, „sonst verstehe ich manchmal die vielen Fachbegriffe nicht.”
Aber auch Abwechslung in den Alltag zu bringen, gehört zu Annas Aufgaben. Mit ihren Klienten geht sie neben der Bearbeitung der wichtigen Themen, die als Ziele im Teilhabegespräch festgelegt wurden, auch mal ein Eis essen, einen Kaffee trinken oder einfach bei gutem Wetter spazieren. Zeit zu reden und eine enge persönliche Bindung ist ihr bei ihrer Arbeit wichtig. „Man wächst hier zusammen”, erzählt sie vom guten Kontakt zu ihren Klienten.
Gerade in der dunklen Jahreszeit ist es für viele Menschen, die allein leben, schwierig optimistisch und aktiv zu bleiben. Beim AUW erhalten sie über ein oder zwei Stunden volle Aufmerksamkeit und erleben die Gespräche und Unternehmungen als positiv, wobei anspruchsvolle Ziele jedes Einzelnen verfolgt werden.
„Auch wenn es einem mal nicht so gut geht, ist Anna immer da”, meint Kirsten. „Zum Beispiel, als meine Mutter gestorben ist, da habe ich sie auch sofort angerufen. Man kann sich einfach immer auf sie verlassen.” Andere familiäre Unterstützung hat sie nicht, da tun langjährige Verbindungen aus dem Arbeitskontext wie diese besonders gut.
Kirsten nimmt auch eins der zusätzlichen Gruppenangebote des AUW wahr. Einmal im Monat wird gemeinsam gekocht und neue Rezepte werden ausprobiert. Eine weitere Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen und sich außerdem neue Ideen für das Kochen zu Hause zu holen. Ziel solcher Abende ist natürlich auch, irgendwann ohne die Fachkräfte des AUW zurecht zu kommen, jedoch auf gute soziale Kontakte zu Gleichgesinnten aus einem stabilen eigenen Netzwerk zurückgreifen zu können.
Für Interessierte wird deshalb auch einmal wöchentlich ein Spielenachmittag angeboten. Am Standort des AUWs stehen dafür z.B. ein Billardtisch und ein Kicker, auch kann gedartet werden. Marion erhält zusätzlich zu den Fachleistungsstunden von Anna weitere Unterstützung von einer zweiten Kollegin. Diese begleitet sie zum Einkaufen oder auch mal zu McDonalds. „Einfach mal raus”, sagt sie, „das ist das Wichtigste”.
Beide Klientinnen würden die Zusammenarbeit mit dem AUW weiterempfehlen: „Die Menschen hier machen den Kontakt so besonders, und dass man einfach mit netten Leuten zusammenkommt.” Eine ambulante fachliche Begleitung & Assistenz ist für alle Menschen ab 18 Jahren bis weit ins Rentenalter möglich. In der Regel besteht ein Hilfebedarf aus psychischen Gründen wie z.B. Lebenskrisen, aber auch Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen werden unterstützt.
Der direkte Ansprechpartner für Interessierte ist der Kostenträger für Eingliederungshilfe des Landkreises Holzminden in der Böntalstr. 32. Dort kann man direkt angeben, von welchem Anbieter man begleitet werden möchte. Für alle, die erstmal ein unverbindliches Kennenlernen bevorzugen, befindet sich das AUW der Harz-Weser-Werke in Holzminden im Jugendgarten 52 oder ist telefonisch unter 055317047247 zu erreichen. Bei einem Kennenlerngespräch wird besprochen, welche Formalitäten für die Beantragung notwendig sind. Aber auch „Selbstzahler” gibt es.
Wenn der Kostenträger eine Maßnahme genehmigt hat, wird in regelmäßigen Abständen dann gemeinsam überprüft, wie es läuft, und ob vielleicht mehr oder weniger Unterstützung notwendig ist.
Die Zusammenarbeit mit dem AUW ist in der Regel nicht für Akutfälle, sondern langfristig angelegt. Teilweise gibt es parallel auch einen gesetzlichen Betreuer z.B. für bei Beantragungen von Leistunden im Jobcenter oder beim Soziallamt, dann arbeiten AUW und gesetzliche Betreuer Hand in Hand.
Das Ambulant Unterstützte Wohnen ist somit viel mehr als man zuerst denkt: Netzwerk, Ideengeber, Aktivator, Fahrdienst, Übersetzer… – und auch: „Wie eine Familie”.