Bevor die Bauarbeiten für eine neue Windenergieanlage bei Borgentreich (Kreis Höxter) begannen, hat ein Grabungsteam des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) dort eine eisenzeitliche Siedlung entdeckt. Die Fachleute der LWL-Archäologie für Westfalen fanden zwei Keramikgefäße und Spuren von Hauspfosten. Die Spuren, die für den Neubau weichen müssen, reichen weit über 2.000 Jahre zurück.
Die LWL-Archäolog:innen hatten den heutigen Bauplatz des Windrades als Fundstelle ins Auge gefasst, weil sich dort fruchtbarer Lössboden und eine Quellmulde finden. Sebastian Düvel, Archäologe bei der Bielefelder LWL-Archäologie für Westfalen: „Häufig finden wir im direkten Umfeld von ehemaligen Quellmulden und entlang von Bächen untergegangene Siedlungen, Gräberfelder oder sonstige vorgeschichtliche Fundstellen.” Nicht immer sei das an der Oberfläche zu sehen. „Oft überdecken angeschwemmte Schichten diese Bodendenkmale. Dadurch werden Funde nicht hochgepflügt. Außerdem ist damals schlecht gebrannte Keramik für den Laien kaum erkennbar, sie erhält sich auch an der Oberfläche nicht lange”, so der Experte.
Auch an dieser Stelle in Borgentreich waren bisher keine Funde an der Oberfläche bekannt. Trotzdem bestätigte sich die Vermutung der Archäolog:innen: Bereits in der Zufahrtstraße zeichneten sich einige dunkel verfärbte Pfostengruben von Holzhäusern ab: Ein Sechspfostenbau und ein Vierpfostenspeicher konnten die Fachleute einmessen, fotografieren und ausgraben.
An der vorgesehenen Kranstellfläche wurde ein Teil eines größeren Pfostenhauses freigelegt. In einem der ausgegrabenen Pfostengruben steckten die Reste zweier Keramikgefäße. Düvel: „Ein Glücksfall.” Damit konnten die Archäolog:innen die Überreste des Gebäudes auch nach mehr als 2.000 Jahren zeitlich einordnen.
Eine gut erhaltene Schüssel mit deutlichem Umbruch und leicht nach außen knickendem Rand datiert den Pfostenbau in die vorrömische Eisenzeit, ein weiteres für diese Zeit typisches Gefäß bestätigte diese Datierung. Unklar ist noch, ob die beiden Keramikschüsseln, die fast vollständig waren, als einfacher Siedlungsabfall oder als eine Art Bauopfer zu deuten sind.
Neben den archäologischen Funden und Überresten der Gebäude war anhand tieferreichender grauer Sedimente auch der ehemalige Quellmulden-Bereich im Boden sichtbar, an dem der einstige Hof errichtet wurde. Da die meisten Reste der Siedlung weiter im Boden stecken, blieb das Bodendenkmal größtenteils erhalten und wird nun in die Liste der Bodendenkmale der Stadt Borgentreich aufgenommen.
Dr. Sven Spiong, Leiter der Bielefelder Außenstelle der LWL-Archäologie für Westfalen ordnet den Fund so ein: „Die Siedlungsgeschichte der Warburger Börde ist wie andere Regionen in Westfalen auch von Boomzeiten und Siedlungsrückgang geprägt. Auch die Siedler vor über 2.000 Jahren verfolgten in Zeiten der Landnahme die Flussläufe bis zu den Quellen, denn Frischwasser war lebenswichtig für Mensch und Vieh. Diese Siedlungsgunstlagen sind für uns heute wichtige Grundlage für das Aufspüren bisher unbekannter Bodendenkmäler.”